Von APF-Blick...


Hamburg spielt als Standort auch für das junge Privatfernsehen eine Schlüsselrolle - zuerst jedoch fast ausschließlich als Lieferant für die Nachrichten.

PKS wird Sat.1

Nachdem das Pilotprojekt Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS) schon seit einem Jahr im Rahmen des Kabelpilotprojektes aus Ludwigshafen sendet, nimmt der Sender unter dem neuen Namen SAT.1 am 1. Januar 1985 seinen bundesweiten Sendebetrieb auf. Das Buhlen um die Gunst des Zuschauers mit dem Konkurrenten Radio Télé Lëtzebuerg (RTL), die einen Tag nach der PKS auf Sendung gingen, beginnt. Die über den Satelliten European Communication Satellite 1 (ECS-1) - über den übrigens auch der damals ebenfalls neu geschaffene öffentlich-rechtliche Gemeinschaftskanal 3Sat sein Programm liefert - ausgestrahlten Nachrichten kommen dabei aus Hamburg.

Nachrichtenpioniere des Privatfernsehens in Hamburg

Das APF-Blick genannte Magazin wird von der eigens Anfang 1984 gegründeten Gesellschaft aus Zeitungsverlegern Aktuell Presse Fernsehen (APF) mit 66 Millionen DM aus der Taufe gehoben und sendet von nun an für SAT.1 dreimal täglich zwei kurze Nachrichten- und eine 45 minütige Abendsendung vom Mexikoring 33 in der City Nord. Das erste überregionale Programm des Privatfernsehens sieht damals wie folgt aus:

 

Das Programm am 1. Januar 1985

Ein kleines Team macht den Anfang

Die Nachrichten aus dem neu eingerichteten Studio in der City Nord in Hamburg werden dabei von einem - in Relation zur ARD oder ZDF recht kleinen - Team aus 93 Mitarbeitern produziert. Davon gehören allein schon 40 Mitarbeiter zu der Redaktion. Die Gesichter der ersten Sendungen sind unter anderem Chefredakteur Armin Halle, zuvor viele Jahre Pressesprecher des Bundesverteidigungsministeriums, und die Moderatorinnen Eddie Lange und Marina Ruperti sowie der stellvertretende Chefredakteur Karl-Ulrich Kuhlo. Die wenigsten aus dem Team können allerdings mit Erfahrung im Fernsehbereich aufwarten, sondern werden aus Verlagen abgeworben - einige auch direkt von den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten wie dem NDR.

Nur wenige können das Programm empfangen

Tatsächlich sehen können in Hamburg das Programm zu diesem Zeitpunkt nur wenige. Denn nur 25 Prozent der 25.000 Kabelkunden verfügen über die technischen Voraussetzungen. Das sind rund 6.000 Zuschauer für das junge Privatfernsehen in Hamburg. Was vom ersten Tag an nach Kreativität verlangt, um ein Programm zu bieten, das sich von dem der öffentlich-rechtlichen Sendern abhebt. So präsentiert sich Nachrichtensprecher Armin Halle am Neujahrsmorgen mit "Minzi" - einer schwarzen Katze, die dem Aufnahmeleiter gehört.

Mit Eiche rustikal gegen die öffentlich-rechtlichen Sender

Während die öffentlich-rechtlichen Sender schon längst mit einem Bluebox-Studio Bilder in den Hintergrund ihrer Sprecher blenden, muss das APF-Team weitestgehend auf Tricktechnik verzichten. Es sendet aus einem Studio, das eher einem gemütlichen Wohnzimmer in Eiche rustikal ähnelt. Auch auf aktuelle Bilder in den Nachrichten muss der Zuschauer vorerst verzichten. Eine Richtfunkverbindung wie die öffentlich-rechtlichen Sender sie haben kostet mit 2000 DM pro Minute zu viel, weshalb auf das Videoarchiv zurückgegriffen werden muss. Dafür wird während des Wetterberichts per Tricktechnik Regen im Studio eingeblendet. Am Ende der langen Abendsendung gibt es dann zudem noch ein Gewinnspiel, bei dem aus einer Lostrommel, die aus der Wäschetrommel einer Waschmaschine improvisiert wurde, der aktuelle Gewinner gezogen wird.

Kultursenatorin Schuchardt fehlt das Niveau

Das neue Format wird vor allem in der Politik mit gemischten Gefühlen betrachtet. Die GAL kritisiert das 'Kommerzfernsehen' heftig. Kultursenatorin Helga Schuchardt äußert sich in einer Rede vor dem Überseeclub laut Hamburger Abendblatt vom 12. Januar 1985 regelrecht schockiert : "Wer die ersten Tagesschau-Angebote von SAT 1 (das ist "blick" von APF - Anmerkung der Red.) erleben durfte, kann nur erschüttert sein über das Niveau der aktuellen Meldungen."

 

Nicht nur die Politik, sondern auch die Gäste drücken ihre Kritik an der Umgangsform im neuen Format aus. So ist Moderator Armin Halle am 22. Oktober 1985 im Interview mit Schauspieler Klaus Kinski mehr als nur provokant, was letzlich zu einem Wutausbruch des Künstlers und seinem Rauswurf führt (<link internal-link>CLIP).